Doing Family

Familie im Wandel

Der Begriff Doing Family

Doing Family ist ein Ansatz aus der Familiensoziologie und wurde unter anderem geprägt von Dr. Karin Jurczyk, Deutsches Jugendinstitut. Der Kerngedanke ist, dass Familie heute aktiv gestaltet werden muss. Dies, weil familiale Netzwerke, Familienformen, Geschlechterarrangements und Anforderungen an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer komplexer und dynamischer werden.

Einerseits geht es bei Doing Family um die Herstellung von Familie in einem sozialen und kulturellen Sinne. Dazu gehören beispielsweise Fragen der Beziehungen, der Zugehörigkeit und der Identität der einzelnen Familienmitgliedern: Wer gehört zu uns? Wie wollen wir leben? Was ist uns wichtig?

Andererseits geht es um die Herstellung von Familie in einem funktionalen Sinne: Wer übernimmt welche Aufgaben? Wie organisieren wir uns?

Das Neuartige an diesem Ansatz ist, dass das tatsächlich gelebte Lebens- und Erwerbsmodell, in der die Leistungen erbracht werden, keine Rolle spielt. Im Fokus stehen vielmehr die gemeinsamen Aktivitäten und Gestaltungsleistungen, mit denen Familie als gemeinsames Verständnis (Familienidee) hergestellt wird. Von Interesse ist, ob und wie dies auch unter schwierigen Umweltbedingungen und angesichts der zur Verfügung stehenden Hilfeleistungen gelingt.

Der Begriff Familie

Was ist mit dem Begriff "Familie" - in Anbetracht der vielen verschiedenen Familienformen - genau gemeint?

Die Definition von "Familie" ist etwas sehr persönliches und individuelles. Jeder Mensch hat andere Familien-Leitbilder im Kopf und assoziiert mit diesem Begriff unterschiedliches. Dies hat beispielsweise damit zu tun, wie man selbst aufgewachsen ist und in was für einer Familienform man aktuell lebt.

Trotzdem haben wir um ein Verständnis des Begriffes gerungen und uns die Definition der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen (EKFF) in Erinnerung gerufen:

Der Begriff der Familie bezeichnet jene Lebensformen, die in den Beziehungen von Eltern und Kindern im Mehrgenerationenverbund begründet und gesellschaftlich anerkannt sind.

Wir verstehen Familie folglich als „besonderes Netzwerk von Individuen, in deren Zentrum eine persönliche und verlässlich emotionale Bindung steht“. Die Überlegung dahinter ist, dass der Begriff "Familie" bewusst von traditionellen Familienbildern losgelöst werden soll. Mit "Familie" soll nicht eine bestimmte Lebensform gemeint sein. Vielmehr sollen alle biologischen, sozialen und rechtlichen Formen von Geschlechter- und Verwandtschaftsordnungen darin Platz haben. Wir denken da zum Beispiel auch an gleichgeschlechtliche Elternschaft, Adoptions- und Spenderkinder, Kinder mit Erbgut von drei Eltern usw. Der Netzwerkgedanke soll dieses Verständnis für verschiedene Familienformen fördern.

Fazit: Wir reden von Familie - meinen damit aber das Familien-Netzwerk.

Die Kernidee

  1. Mit Familie bezeichnen wir nichts Feststehendes.
  2. Familie unterliegt einem permanenten Wandel.
  3. Familie ist geprägt von inneren und äusseren Trieben.
  4. Familien-Leitbilder sind vielfältig.
  5. Familie muss als Netzwerk verstanden werden, um der heutigen Zeit und den vielen verschiedenen familialen Lebensformen gerecht zu werden.

Das Projekt Doing Family

Das Projekt Doing Family wurde durch André Woodtli, Chef Amt für Jugend und Berufsberatung, initiiert und von der Metropolitankonferenz Zürich mitfinanziert. Das Projekt nimmt sich der Notwendigkeit von zeitgemässen Unterstützungsleistungen an, um allen Familienformen möglichst gerecht zu werden. Es startete im April 2016 mit der Vergabe von drei Forschungsaufträgen und endete im Dezember 2018 mit Empfehlungen an Kantone und Gemeinden im Metroraum.

Die drei Forschungaufträge wurden an die Universität Basel, die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und das private Forschungs- und Beratungsunternehmen INFRAS vergeben. Die Ergebnisse der drei Studien sind unter Grundlagen zusammengefasst. Folgende Fragen wurden in den drei Teilprojekten bearbeitet:

  • Teilprojekt A1: Was ist Familie? – Eine historische Analyse der Entstehung der Vorstellungen von Familie in der Schweiz (Universität Basel)
  • Teilprojekt A2: Was leistet Familie? – Eine betriebswirtschaftliche Darstellung des Familiale Lebensformenalltags als Herstellungsprozess (ZHAW)
  • Teilprojekt A3: Was leistet die öffentliche Hand für Familiale Lebensformen? – Eine Untersuchung der Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand (INFRAS)

Im Anschluss an die Berichte wurden handlungsleitende Thesen formuliert und mit einer Begleitgruppe, bestehend aus verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, diskutiert. Die Diskussion mündete in Empfehlungen, die das eigentliche Projektergebnis darstellen.